Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen

Wahrnehmung von Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen

Nachhaltigkeit hat bis vor wenigen Jahren im Gesundheitswesen keine Beachtung gefunden. Vielmehr kam es zu einer immer weiter fortschreitenden Entwicklung mehr und mehr Einweg einzusetzen und den Materialverbrauch konsequent zu steigern. Dies wurde einerseits von dem Wunsch nach absoluter Sicherheit und dem entsprechenden Angebot der Industrie sowie dem Trend zum Outsourcing getrieben. Ökologische Ansätze einerseits und Müllkosten andererseits haben in den letzten Jahren zu einem langsam einsetzenden Umdenken geführt.


Unsere Position

Wir versuchen den Umgang mit Rohstoffen kritisch zu sehen. Dazu hinterfragen wir Sinn und Unsinn von Maßnahmen - insbesondere den Einsatz von Chemikalien und Einwegartikeln. Konkret verzichten wir z. B. auf Einweghandschuhe, wann immer der Schutz nicht relevant ist (s. u.). Die Entscheidung zu Einwegmaterial ist dabei nicht immer ganz einfach. Eine einfache dünne Papierauflage für die Behandlungsliege kann z. B. auch einen Vorteil gegenüber Stofflaken, die nach jedem Patientenkontakt desinfizierend gewaschen werden müssen, darstellen. Ebenso die Nutzung von Einwegmetallinstrumenten bei kleinen Wundversorgungen gegenüber der Vorhaltung einer Sterilisationseinheit oder dem Transport und der Aufbereitung von Mehrweginstrumenten.


Beispiel Handschuhe

In meiner Ausbildung herrschte noch das Credo, dass am Patienten immer Handschuhe zu tragen seien. Der Patient ist schließlich entsprechend der Technischen Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 250 Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege ein so genannter „biologischer Arbeitsstoff“, vor dem die Mitarbeiter zu schützen sind. Was liegt da mehr auf der Hand als Handschuhe tragen …

Im Laufe der Jahre haben wir im Gesundheitswesen gelernt, dass einerseits Handschuhe keinen absoluten Schutz garantieren (10%ige Defektquote, die mit längerer Tragezeit zunimmt), dafür aber die Haut durch die Feuchtigkeitsansammlung darunter schädigen und den Bakterien auf der Haut damit optimale Vermehrungsmöglichkeiten bieten (Wärme und Feuchtigkeit). Darüber hinaus haben sie zu keiner Zeit einen Schutz für den Patienten geboten, da einfache Einweghandschuhe nicht wesentlich weniger Keimbelastung haben als die Hand des Untersuchers. Heutzutage ist die Empfehlung Handschuhe nur dann zu tragen, wenn wirklich durch den Kontakt zu potentiell infektiöser Körperflüssigkeit ein hohes Infektionsrisiko besteht. In allen anderen Fällen wissen wir, dass regelmäßiges Händewaschen und noch mehr regelmäßige Händedesinfektion des Personals sowohl für das Personal wie auch den Patienten besser ist. Das setzen wir entsprechend konsequent um.


Beispiel Wasser zur Wundspülung

Die Spülung von verschmutzten Wunden mit Leitungswasser ist der Reinigung mit Wunddesinfektionsmitteln oder sterilen Spüllösungen nicht unterlegen (Voraussetzung ist übliche hohe Wasserqualität in den hoch entwickelten Ländern). Vielmehr scheint es einen Vorteil zu haben, wenn man mit reichlich Wasser die Wunde reinigen kann. Die Daten dazu liefert ein Cochrane Database Review. Man kann dies also guten Gewissens zu Hause nutzen. Hygieniker empfehlen dazu Sterilfilter an den Waschbecken zu verwenden – in den Studien war das allerdings nicht der Fall. Da Leitungswasser meist gut zur Verfügung steht und Kinder davor deutlich weniger Angst haben, halten wir es für geboten es dafür auch zu verwenden.

Behandlungsbild